Wann immer über Franco Maria Martinetti gesprochen oder geschrieben wird, kommt garantiert ein Wort vor: Gentleman. Der mittlerweile über 80 Jahre junge Franco Martinetti lebt diese Beschreibung in der Tat mit jeder Faser seines Wesens und seiner Erscheinung. Stets perfekt mit Anzug und Krawatte gekleidet, zuvorkommend, interessiert an seinem Gegenüber, auf liebevolle Art und Weise empathisch. Er lebt das frankophile savoir-vivre, ein Grandseigneur aus dem Piemont, der nicht an Konventionen gebunden ist, ein international beachteter Akteur der Wein- und Gastronomieszene. Passend dazu lebt er in der Metropole Turin und nicht auf dem Lande auf einem Weingut. Und sollten Sie mit ihm einmal eine Autofahrt durch Turin machen können: einen besseren Tourguide mit detaillierten Kenntissen zu der langen Historie der Stadt, gespickt mit vielen Anekdoten, finden Sie nirgends.
Französische Weine waren immer schon eine Leidenschaft von Franco Martinetti. Als er 1963, im Alter von 20 Jahren Paris besuchte, lieh er sich einen Anzug und gab seine letzten Francs für ein Essen im berühmten Restaurant La Tour d'Argent aus. Er kannte damals nur einen Namen auf der umfassenden Weinkarte; es war der teuerste. Leisten konnte er sich jedoch nur den billigsten, fragte aber den Sommelier, ob er die Weinkarte erwerben könne. Diese studierte (oder besser konsumierte) er während Wochen. Jeden Wein, jedes einzelne Cru und die Auswirkungen jedes Terroirs lernte er akribisch auswendig. Mit der gleichen Entschlossenheit und Suche nach Perfektion begann er vor 50 Jahren, im Jahr 1974, mit der eigenen Produktion von Wein. Und dies - bis heute - ohne eine einzige Rebe zu besitzen. Darauf angesprochen meint er: "Würdest du erwarten, dass ein Koch in einem erstklassigen Restaurant sein eigenes Vieh aufzieht? Natürlich nicht. Du erwartest, dass er die besten Zutaten verwendet."
Franco Martinetti arbeitet mit sorgfältig ausgewählten Produzenten zusammen, meist seit vielen Jahrzehnten, bezieht deren Trauben (Auswahl der idealen Sorte basierend auf Gelände, Exposition und Alter; Überwachen des Beschneidens und Ausdünnen der Trauben im Weinberg; Festlegen des Datums und Beginn der Lese; Auswahl der Trauben) und macht die Weine selbst. Stets mit viel Geduld, Wissen und Sorgfalt. Dieser négociant Ansatz ist im Piemont gewiss aussergewöhnlich, aber die Erfolge seiner Weine geben ihm recht, wie zahlreiche internationale Auszeichnungen belegen. Als erster und einziger Italiener ist er seit 1995 Mitglied der Académie du Vin de France und seit 2003 Président Honoraire der Académie Internationale du Vin.